Pflege ist oft ein 24-Stunden-Job. Wenn ein geliebter Mensch an Demenz erkrankt ist, verändert sich der Alltag für alle Beteiligten. Was bleibt, ist die Verantwortung, was oft fehlt, ist eine Pause. Genau hier setzt das besondere und mittlerweile auch TÜV zertifizierte Angebot der MAS Alzheimerhilfe an: Urlaub mit Demenz. Eine Woche, die Betroffenen und ihren Angehörigen die dringend benötigte Entlastung bringt – ohne Trennung.
Eine Pionieridee mit hoher Aktualität
Die Idee stammt von Obfrau Felicitas Zehetner: Als sie in den 90er-Jahren ihren an Demenz erkrankten Mann pflegte, wurde ihr bewusst, wie sehr sich Angehörige oft alleingelassen fühlen. Gemeinsam mit Edith Span startete sie nach dem Tod ihres Mannes 1997 die MAS Alzheimerhilfe in Oberösterreich. Nur drei Jahre später fand die erste Urlaubswoche für Menschen mit Demenz in Bad Ischl statt. „Damals war das Thema noch stark tabuisiert. Viele Familien haben sich geschämt und in weiterer Folge zurückgezogen“, erinnert sich Ursula Kienberger, die bereits als junges Mädchen beim ersten MAS Alzheimerurlaub dabei war und nun gemeinsam mit ihrem Team dieses Urlaubsangebot leitet.
Heute, 25 Jahre später, hat die Initiative bereits 88 Urlaubswochen veranstaltet und fast 1.000 Familien eine so dringend benötige Auszeit ermöglicht. Das Format hat sich bewährt: Eine Entlastung des pflegenden Partners oder der Partnerin auch ohne Trennung – eine Woche im Eurothermenresort Bad Ischl, für Betroffene und ihre Angehörigen gemeinsam.
Tagsüber werden die Betroffenen von speziell ausgebildeten und erfahrenen MAS-DemenztrainerInnen betreut, während sich die Angehörigen erholen, entspannen und neue Energie tanken können. Kienberger: „Viele TeilnehmerInnen sagen uns, dass sie zum ersten Mal wieder richtig schlafen konnten.“
Ein großes Team bestehend aus MAS DemenztrainerInnen, SchülerInnen von der Sozialfachschule sowie Krankenpflegeschule, eine Psychologin, eine Sozialarbeiterin und ein Betreuungsteam von einer Pflegeagentur tragen zu einer entspannten und gelungenen Urlaubswoche bei. Die MAS DemenztrainerInnen gestalten den Tagesablauf individuell: Mit den Anmeldeunterlagen erhalten die Familien im Vorfeld einen Fragebogen, um auf die besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten eingehen zu können.
„Am Vormittag von 9 bis 12.30 Uhr und am Nachmittag von 15 bis 18 Uhr betreuen, fördern und fordern unsere MAS DemenztrainerInnen die Betroffenen. Die Angehörigen können in dieser Zeit in Ruhe tun, wofür sie normalerweise keine Zeit haben. Etwa Shoppen oder Spazieren gehen, oder in aller Ruhe einen Besuch beim Friseur genießen“, erklärt Kienberger, und ergänzt, „Wir sind in einer wunderschönen Therme untergebracht, in der sie wirklich entspannen können.“ Gleichzeitig haben die Angehörigen die Sicherheit, dass ihr Partner oder ihre Partnerin gut betreut ist. Auch bietet die MAS Alzheimerhilfe ein eigenes Programm für die Angehörigen an – wie zum Beispiel Fachvorträge, 2 Massagen pro Woche und Austauschrunden. Ein gemeinsamer Ausflug rundet das Urlaubsangebot ab.
„Ich bin nicht allein“
Das Angebot richtet sich an Betroffene, die mit einem Hotelalltag zurechtkommen und noch kein Pflegebett benötigen. Das Hotel ist nicht nur barrierefrei, sondern auch rollator- und rollstuhlgerecht ausgebaut. Kienberger betont: „Wir sind ganz normale Gäste – das ist uns wichtig. Wir wollen keine Sonderwelt schaffen, sondern zeigen: Menschen mit Demenz gehören mitten in die Gesellschaft.“ Diese soziale Dimension ist ein zentraler Bestandteil des Konzepts.
Der Fokus liegt auf der Erholung der Angehörigen, so Kienberger: „Wir bieten keine klassische Pflegewoche, sondern einen Urlaub. Mit allem, was dazugehört: Entspannung, Gespräche, Normalität.“ Insbesondere der Austausch mit anderen Betroffenen ist für viele Angehörige besonders wertvoll. „Oft entstehen Freundschaften, die über Jahre halten. Man merkt: Ich bin nicht allein mit dieser Herausforderung.“
„Was passiert, wenn sie als wichtigste Pflege- und Bezugsperson ausfallen? Es ist daher so wichtig, auch auf sich selbst zu achten.“
Hinzu kommt, dass Angehörige sich und ihre Bedürfnisse häufig in den Hintergrund stellen: Im Fokus stehen die Betroffenen und ihre speziellen Bedürfnisse. Dabei ist es wichtig, dass pflegende Angehörige mit ihrer Energie haushalten, auch ihre Gesundheit im Blick haben. Kienberger: „Denn was passiert, wenn sie als wichtigste Pflege- und Bezugsperson ausfallen? Es ist daher so wichtig, auch auf sich selbst zu achten. Wir raten auch dringend, ein Netzwerk rund um sich aufzubauen – zur Entlastung, aber auch um im Notfall darauf zurückgreifen zu können.“

Die Kostenfrage – und der Wunsch nach politischer Unterstützung
Dass der Urlaub wirkt, zeigen die zahlreichen positiven Rückmeldungen. Trotz des Erfolgs und der hohen Aktualität der Thematik gibt es eine große Herausforderung: die Finanzierung. „Es tut mir im Herzen weh, wenn wir von den Familien hören, dass sie unser Angebot gerne annehmen würden, sich es aber nicht leisten können“, sagt Kienberger. Die MAS Alzheimerhilfe wünscht sich daher, das Angebot als Gesundheitsmaßnahme anzuerkennen. „Wir wünschen uns Unterstützung über den Pflegefonds oder als Form der Kur. Denn dieser Urlaub hilft, die Pflege zu Hause aufrechtzuerhalten – und das spart dem System langfristig Geld.“
Denn Urlaub mit Demenz ist mehr als nur eine Auszeit. Es ist ein Angebot, das Würde, Gemeinschaft und Erholung vereint. Kienberger: „Viele sagen am Ende der Woche: Das war die schönste Zeit seit Jahren. Genau das bestärkt uns, weiterzumachen.“
Mehr Infos zu MAS Alzheimerhilfe & Buchung:
www.alzheimerhilfe.at
Die MAS Alzheimerhilfe bietet niederschwellige Anlaufstellen in Oberösterreich und hilft unverbindlich und kostenlos dabei, eine Diagnose abzuklären.
Weiters gibt es neben einer TrainerInnen-Ausbildung auch Unterstützung für Betroffene und ihre Angehörigen: Durch die langjährige Erfahrung geben die BeraterInnen Orientierung, auch in der Weiterleitung an SpezialistInnen in ganz Österreich. Und auf der Webseite finden Sie die österreichweiten Kontaktdaten von Demenz-TrainerInnen, die Ihnen bei der Bewältigung im Alltag helfen können.
MAS Alzheimerakademie:
Die MAS Alzheimerakademie bildet österreichweit Einzelpersonen und Institutionen aus. Der zertifizierte MAS Demenztrainer Lehrgang besteht aus 8 Modulen. In nur 5 Modulen werden MitarbeiterInnen von Institutionen / Einrichtungen durch die zertifizierte MAS Aktivtrainer Ausbildung direkt vor Ort demenzfit gemacht.
Weitere Informationen finden Sie unter www.alzheimerakademie.at sowie bei der Ausbildungsleitung Katharina Muhr (alzheimerakademie@mas.or.at, 06132 / 21410-18).
MAS Alzheimerurlaub:
Auf der Webseite finden Sie weiterführende Infos: https://www.alzheimerhilfe.at/alzheimerurlaub/#urlaub-content
Bitte wenden sie sich bei Fragen an Ursula Kienberger:
alzheimerurlaub@mas.or.at und 0043 (0)664 / 529 0 576.
Credits Portrait Ursula Kienberger/YouTube Video: MAS Alzheimerhilfe

Author: Anja Herberth
Chefredakteurin