Nationaler Klimaplan: So will Österreich seinen CO2-Fußabdruck um fast die Hälfte reduzieren

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler stellte den österreichischen Energie- und Klimaplan (NEKP) vor und wird ihn nun an die EU-Kommission übermitteln. Es ist der bereits zweite Versuch einer Einreichung: Erst im Dezember 2023 sandte Ministerin Gewessler einen Entwurf nach Brüssel, der jedoch seitens Europaministerin Caroline Edtstadler (ÖVP) zurückgezogen wurde.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hat heute den finalen österreichischen Energie- und Klimaplan (NEKP) präsentiert und wird ihn nun an die EU-Kommission übermitteln. Die Klimaziele der EU sehen vor, dass Österreich bis 2030 seine Treibhausgase um 46-48% senkt – der Plan skizziert nun, wie dieses Ziel erreicht werden soll.

Es ist der bereits zweite Versuch einer Einreichung: Erst im Dezember 2023 sandte Ministerin Gewessler einen Entwurf nach Brüssel, der jedoch seitens Europaministerin Caroline Edtstadler (ÖVP) zurückgezogen wurde. Damals hieß es, der Plan sei mit der ÖVP und anderen Ressorts nicht abgestimmt gewesen. Die Bedenken habe man nun beseitigt – wohl auch aus der Zeitnot heraus: Österreich war das einzige Land, das noch keinen Nationalen Energie- und Klimaplan eingereicht hatte.

Es wurde bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, da nicht fristgerecht agiert wurde: Die EU-Mitgliedsstaaten sollten bis 30. Juni 2024 die endgültigen, aktualisierten Pläne vorlegen und dabei die Empfehlungen der EU-Kommission bereits eingearbeitet haben. Erst jetzt konnte sich die schwarz-grüne Regierung auf ein gemeinsames Konzept einigen.

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Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), hier am Rednerpult im Parlament (Fotocredits: Parlamentsdirektion/Johannes Zinner)

Was ist der Nationale Klimaplan?

Es gibt vier EU-weite Ziele bis 2030: Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen, der Ausbau des Stromverbunds, einen Mindestanteil von 32% an Erneuerbaren Energien und eine Mindest-Verbesserung der Energieeffizienz um 32,5%.

In den nationalen Klimaplänen legt die EU-Mitgliedsstaaten fest, wie es diese verbindlichen EU-Klimaziele bis 2030 erreichen wollen. Die Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 48% gegenüber dem Basisjahr 2005 ist ein ambitionierter Plan, der deren Senkung um ca. 30 Mio Tonnen CO2 pro Jahr zum Ziel hat.

Welche Maßnahmen sollen in Österreich dafür gesetzt werden?

  • Die klimaschädlichen Subventionen werden reduziert

    Die Abschaffung des Dieselprivilegs (Mineralölsteuer auf Diesel 8,5 Cent/Liter niedriger als auf Benzin) und der Steuervorteile für Dienstwägen sollen mindestens 2 Mio Tonnen CO2-Einsparung bringen. Das soll aber nur ein Teil von einem noch zu konzipierenden Plan sein, der nun vom Finanzministerium mit Hilfe einer interministeriellen Arbeitsgruppe ausgearbeitet werden soll.
    Auch die Pendlerpauschale soll zwar bleiben, aber reformiert werden. Auch hier ist das Finanzministerium gefragt, um zu einer konkreten Maßnahme zu kommen.

  • Fortsetzung der hohen Förderungen für Heizungstausch und Sanierungen von Gebäuden bis 2030
    Die hohen Förderungen sollen weiter Anreiz sein, Gas- und Ölheizungen zu tauschen und thermische Sanierungen umzusetzen. Sanierungen sind ein großer Hebel, da Gebäude für die Ewigkeit gebaut werden – und auf Grund der viel zu niedrigen Sanierungsquote immer noch viele fossile Heizungen aktiv sind. Fossile Energiequellen waren über viele Jahre hinweg günstig, daher werden auch heute noch landesweit von den 4 Mio Hauptwohnsitzen 35% fossil beheizt (22% Erdgas, 13% Heizöl; Quelle: energie.gv.at). Die größte Kritik am aktuellen Vorgehen: Die Maßnahmen müssen zuerst selbst bezahlt werden, die Förderung wird erst danach refundiert.

  • Ausbau der Wasserstoffproduktion für die Verwendung in der Industrie
    Es gibt Sektoren und Bereiche, die nicht elektrifiziert werden können – und zwar dort, wo es eine hohe Energiedichte braucht (z.B. in Flugzeugen, in der Industrie). Dort braucht es E-Fuels und Wasserstoff, um diese Verbrennungsprozesse, die extreme Hitze benötigen, zu dekarbonisieren.

  • Einsatz der dauerhaften CO2-Speicherung
    Bis dato ist die CO2-Speicherung noch verboten, allerdings sollen zukünftig die Restemissionen in Sektoren gelöst werden, in denen klimaschädliche Treibhausgasemissionen schwer oder nicht vermieden werden können – z.B. in der Zementindustrie. So sollen weitere 500.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Dazu legte die Regierung bereits eine Carbon Management Strategie vor.

  • Weiterer Ausbau der Erneuerbaren Energien
    Das Bekenntnis zum weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien ist wenig überraschend, aber: Dieser muss auch einen konsequenten Umbau des Energiesystems und Ausbaus des Verteilernetzes beinhalten, das aus allen Nähten platzt. Die Verteilernetzbetreiber beziffern diese Investitionen mit 24 Mrd. EUR, und die APG ihren Investitionsbedarf laut Netzentwicklungsplan auf 9 Mrd. EUR.

Die Kritik

Über das vieldiskutierte Ende des Dieselprivilegs sind Automobilklubs, die Landwirtschaft und Industrie nur wenig erfreut: So verlangte man seitens des Bauernbunds vor wenigen Monaten noch eine weitere Entlastung der Bauern, da sie im Vergleich zu den anderen EU-Ländern unter der dritthöchsten Besteuerung des Agrardiesels zu leiden hätten. Dies führe zu einem „entscheidenden“ Wettbewerbsnachteil“ für die heimischen bäuerlichen Familienbetriebe. Während der Pressekonferenz ging Gewessler aber auch auf den „Tanktourismus“ europäischer Frächter ein, den sie bekämpfen wolle – das ist die Kehrseite.

Ebenfalls werden sich die BürgerInnen bedanken, die seit Jahrzehnten mit der Pendlerpauschale eine Art Kilometergeld erhielten. Bei mehr als 60 km Entfernung zum Arbeitsplatz kamen hier immerhin 306 EUR/Monat oder 3.672 EUR/Jahr Unterstützung zustande.

Die Industrie wiederum sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe. Die europäische und nationale Klimapolitik müsse von einer ehrgeizigen Industriepolitik begleitet werden, um den europäischen Standort zu wahren. Kritisch beäugt werden insbesondere die Übererfüllungen langfristiger Zielsetzungen, also das sogenannte „Goldplating“. Weiters

Unser Fazit:

Die Maßnahmen sind noch sehr unausgegoren und versprechen noch sehr viel Sprengstoff in den kommenden Regierungen. Viele Maßnahmen werden nun erst durch das Finanzministerium in konkrete Maßnahmen gegossen, konkrete Gesetze fehlen. So bleibt das vorgelegte Dokument eine Grundlage, auf der die kommenden Regierung nun Konkretes aufbauen muss. Es bleibt der schale Nachgeschmack einer politischen Notwendigkeit, die auf Grund der baldigen Wahlen im September ´24 mit einer schwindenden Kompromissfreudigkeit der handelnden Parteien gezimmert wurde.

Der österr. Energie- und Klimaplan ist hier downloadbar

Informationsblatt zum Sanierungsbonus für Private 

Übersicht der österr. Förderungen zu Bauen, Renovieren und Sanieren 

 

Fotocredits Header: Shutterstock

Anja Herberth
Author: Anja Herberth

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