In den letzten Jahren hat das Streben nach Autarkie, also der weitgehenden Unabhängigkeit von externen Einflüssen und Ressourcen, an Bedeutung gewonnen. So werden wir Energie zwar weiterhin international beziehen, aber auch vermehrt lokal produzieren. Ebenso fördert und stärkt die Kreislaufwirtschaft die lokale Wirtschaft. Es zeigt sich, dass die Selbstversorgung von Regionen auch in einer Welt, die geprägt ist von globalen Lieferketten, eine wichtige Rolle spielt.
Mit der Globalisierung hat die Vernetzung zwischen Staaten, Unternehmen und Regionen zugenommen. Das führt zu wachsenden Abhängigkeiten, wir nutzen aber auch den sogenannten komparativen Kostenvorteil: Das ist dann der Fall, wenn ein Land, eine Region, ein Unternehmen oder eine Person fähig ist, ein bestimmtes Gut zu geringeren Alternativkosten zu produzieren als die Konkurrenz. Ein Beispiel: Es macht mehr Sinn, Windkraftwerke an der Nordsee zu installieren als in Regionen, in denen wenig Wind weht. Autarkie würde unser Leben sehr verteuern und unsere Möglichkeiten einschränken. Es macht daher Sinn, global bzw. in einem gemeinsamen Europa zu agieren.
Unter der Selbstversorgung von Regionen versteht man die Fähigkeit, sich selbst mit den notwendigen Ressourcen, Gütern und Dienstleistungen zu versorgen, ohne bzw. nur in Teilen auf externe Quellen angewiesen zu sein. Autonomie bezeichnet ein anderes Konzept, bei dem es darum geht, eigenverantwortlich zu handeln und unabhängige, unbeeinflusste Entscheidungen zu treffen – eine Manifestation des selbstbestimmten Bürgers.
Auf dem Weg zu regionaler Autarkie
Die Vision einer zumindest teilweisen Autarkie von Regionen ist ein interessantes und ehrgeiziges Konzept, das auch mit der Verwirklichung der Klimaneutralität eng verwoben ist. Etwa indem Energie verstärkt lokal produziert und zu einem hohen Anteil selbst genutzt wird. Ebenfalls gehen wir auf den verstärkten Kreislauf der Rohstoffe zu: Die Entkopplung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcennutzung und die Umstellung auf kreislauforientierte Systeme für Produktion und Verbrauch sind der Schlüssel zur Verwirklichung der Klimaneutralität der EU bis 2050.
Autarkie ist aber auch essentiell, um etwa in Notfällen eine Versorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können: Der Klimawandel begünstig Extremwetter-Vorfälle, diese werden weiter zunehmen. Regionen benötigen daher Konzepte bzw. Pläne, wie sie im Notfall agieren. Dies trägt zur Sicherheit und Resilienz von Gemeinschaften bei.
Hier einige Aspekte und Überlegungen:
- Die Wiederverwendung und das Recycling von Rohstoffen fördert die Kreislaufwirtschaft und stärkt den regionalen Markt. Das ist essentiell in einer Zeit, in der Lieferketten und das Sourcing von Rohstoffen instabiler werden, und es reduziert den Transport von Waren über weite Strecken. Kommende EU-Vorgaben werden den verstärkten Kreislauf der Rohstoffe vorschreiben: Die Umstellung auf kreislauforientierte Systeme für Produktion und Verbrauch sind der Schlüssel zur Verwirklichung der Klimaneutralität der EU bis 2050.
- Eine robuste Landwirtschaft und der Anbau einer Vielzahl von Nutzpflanzen tragen zur Selbstversorgung bei. Auch Konzepte wie Urban Gardening oder Vertical Gardening können dazu beitragen, die landwirtschaftliche Vielfalt aufrechtzuerhalten.
- Kleine dezentrale Energieanlagen wie Mikro- und Mini-Grids machen Gemeinden und Regionen unabhängiger von zentralen Energieversorgern. Dies erhöht die Versorgungssicherheit. Zu diesen kleinen Photovoltaikanlagen zählen auch kleine Anlagen wie Balkonkraftwerke.
- Ein effizientes Wassermanagement, einschließlich Wasseraufbereitung und -rückgewinnung, ist entscheidend für die Versorgungssicherheit. Regenwassernutzung und Abwasseraufbereitung können lokal umgesetzt werden – was auch in Zeiten von Klimaerwärmung und Wasserknappheit essentiell ist.
- Die Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, Transport und Industrie ist von großer Bedeutung, um den Energiebedarf grundsätzlich zu reduzieren. Dies kann durch den Einsatz von Technologien wie intelligenter Gebäudeautomation, Smart City Konzepten und verbesserter Verkehrsplanung erreicht werden. In diesem Feld liegt noch sehr viel Potential.
- Laut einer Studie des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) ist das Potenzial von Wind- und Sonnenenergie groß genug, um Europa regional zu hundert Prozent mit erneuerbarer Elektrizität zu versorgen. Erneuerbare Energiequellen sind daher entscheidend für die Energieautarkie von Europa. Aber: Damit dieser Strom auch in alle Regionen gelangen kann, braucht es den Ausbau des Stromnetzes. Aktuell sind die Netze nicht ausreichend dimensioniert, um dies zu gewährleisten. Ebenso braucht es den Ausbau von Speichern: Wind- und Sonnenenergie steht nicht immer durchgehend zur Verfügung – etwa in der Nacht oder in windstillen Zeiten. Daher braucht es Technologien, um den Energieüberschuss bei starker Energieproduktion zu speichern.
Energieautarke Bauernhöfe
In Österreich ist die Wichtigkeit der Autarkie und Selbstständigkeit von Regionen bereits in den Förderprogrammen angekommen. Ein Beispiel: Seit Februar 2023 unterstützt der Klima- und Energiefonds land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit dem Programm „Versorgungssicherheit im ländlichen Raum – Energieautarke Bauernhöfe“. Bis 2025 stehen laut dem Klimaschutzministerium 100 Millionen Euro aus der ökologischen Steuerreform zur Verfügung. Stromspeicher, Photovoltaik-Anlagen, Biomassekessel usw. erhalten Förderungen. Es wird auf die eigenständige Erzeugung bzw. Erzeugung erneuerbarer Energie gesetzt wird. Das Ziel: Energieautarke Betriebe garantieren eine stabile Lebensmittelversorgung selbst in Krisenzeiten und stärken die Region.
Was jede und jeder Einzelne tun kann
Im Falle etwa eines Extremwetter-Ereignisses kann selbst in Ländern mit hoher Versorgungssicherheit die Fähigkeit zur bereitgestellten Hilfeleistung an die Bevölkerung eingeschränkt sein. In solchen Momenten müssen Menschen oft auf sich selbst zurückgreifen. Abseits regionaler Konzepte gilt es daher, uns selbst zu wappnen: Für viele Menschen in der westlichen Welt mag die Vorstellung eines Stromausfalls weit entfernt erscheinen, und solche extremen Ereignisse können zu Gefühlen der Hilflosigkeit und Überforderung führen. Daher ist auch hier die Kooperation von größter Bedeutung: Dass wir in Notfällen gemeinsam arbeiten und uns gegenseitig unterstützen.
ExpertInnen, die Regionen dabei unterstützen, für den Notfall vorbereitet zu sein, haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst, wie sich Haushalte vorbereiten können: So ist es ratsam, Kerzen, einen Gaskocher oder einen Grill sowie batteriebetriebene Geräte wie Radios, Taschenlampen, etc. für den Notfall zu Hause zu haben. Lebensmittel für zumindest mehrere Tage sollten zu Hause aufbewahrt werden, grundlegendes wie Wasser, Medikamente und Verbandsmaterial vorrätig sein.
Im Internet finden Sie etwa auf der Homepage der Gesellschaft für Krisenvorsorge hilfreiche Tipps, wie Sie sich auf Extrem-Ereignisse vorbereiten können.
Komplexe Aufgabe
Die Realisierung regionaler Autarkie- und Notfall-Konzepte erfordert die Berücksichtigung vieler Faktoren. Es handelt sich um eine komplexe Aufgabe, die politische Unterstützung, finanzielle Ressourcen und technologische Fortschritte erfordert. Eine Kombination aus erneuerbaren Energien, Effizienzmaßnahmen und nachhaltigen Praktiken wird der Schlüssel zur Erreichung dieser ehrgeizigen Ziele sein.
Cover-Bild: maxmann via Pixabay