smart-home_Logo_2021_1200.jpg

Schwächelnde Baubranche: Worauf Sie als EndkonsumentIn aufpassen müssen

Die Bundesregierung fördert die Sanierung und den Ausbau der PV-Anlagen intensiv. Eine Analyse, worauf KonsumentInnen nun in einer Zeit der hohen Dynamik und kriselnden Baubranche achten müssen.

Die Produktion des eigenen Stroms erlebt spätestens seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges und dem Hochschnellen der Energiepreise eine goldene Zeit. Der unstrukturierte Ausbau der Anlagen in einem volatilen Markt hat jedoch Folgen: Unternehmen gehen in Insolvenz, die Energieversorger lehnen die Einspeisung ab. Worauf KonsumentInnen nun achten müssen.

Photovoltaik boomt – Förderungen und Zuschüsse erleichtern seit Jahren die Neuerrichtung und Erweiterung der Photovoltaikanlagen. Das wird sich auch in Hinkunft nicht ändern: Die schwächelnde Baubranche soll durch Sanierungs- und Bauprojekte intensiv befeuert werden. 1 Mrd EUR werden seitens der österreichischen Bundesregierung für den Tausch von Gas- und Ölheizungen sowie für die thermische Sanierung zur Verfügung gestellt. 

Alles rosig? Mitnichten!

Es wird so viel PV-Leistung montiert wie noch nie zuvor, aktuell gehen die neu installierten PV-Leistungen jedoch wieder zurück. Wir analysieren, welche Herausforderungen der PV-Ausbau und die Baubranche zur Zeit erfahren und welche Maßnahmen Sie treffen können, um Risken zu minimieren.

Denn aktuell sind die Bau- und PV-Branchen vielfältigen Risken ausgesetzt:

  • EndkonsumentInnen investieren weniger
    Die finanzielle Situation gestaltet sich für EndkonsumentInnen schwierig: Durch die hohen Zinsen kostet Geld wieder Geld, denn ein hoher Leitzinssatz macht Bankkredite teurer. Die massiv gestiegenen Kosten für z.B. Lebensmittel, Miete und Strom machen ebenfalls zu schaffen. All diese Kostensteigerungen bündeln sich bei den EndkonsumentInnen, sie gehen vorsichtiger mit Geld um und sparen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Bereich der Immobilienfinanzierungen wider: Diese sind im ersten Halbjahr um 51% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.

    Bei Investitionen in Sanierung und PV-Anlagen wird heute auch vermehrt nachgerechnet: Da die Energiepreise für EndkonsumentInnen im Vergleich zum Vorjahr wieder kalkulierbarer und geringer sind, brauchen diese Projekte länger um sich zu rechnen – also um sich zu amortisieren. 

    Mit den hohen Förderungen seitens der österr. Bundesregierung könnte sich die Situation wieder entspannen, allerdings gibt es noch weitere Herausforderungen:

  • Ablehnung der Einspeisung
    Laut Einschätzung von Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Photovoltaic Austria, können etwa 70% der PV-Projekte nicht wie geplant umgesetzt werden. Der Grund: Die Einspeisekapazitäten sind nicht vorhanden, weil „in der Vergangenheit das Netz zu wenig vorausschauend ausgebaut worden ist.“ (Quelle: Building Times)

    Das Stromnetz ist der Flaschenhals der Energiewende, es ist an seine Grenzen gelangt: Es wurde zu einer Zeit gebaut, in der die Stromlieferung noch klassisch auf einige wenige Produzenten aufgeteilt war. Dieses Modell ist mit der Energiewende Geschichte. Durch den zu langsamen Ausbau der Netze kann der Erneuerbaren-Strom nun nicht dorthin transportiert werden, wo er gebraucht wird. Ein Beispiel: Das Burgenland produziert an starken Tagen mit seinen Windkraftanlagen 8x so viel wie es selbst benötigt. Dieser Strom kann aber nicht in Gebiete mit Unterversorgung oder zu einem Speicher transportiert werden.

    Bedeutet: Die Energieversorger werden verstärkt Kraftwerke und die einspeisenden EndkonsumentInnen vom Netz nehmen (müssen) bzw. immer weniger Haushalten die Einspeisung erlauben. Denn: Die Förderungen führten bereits zu einem massiven Ausbau der PV-Anlagen im Privaten. Haben z.B. Nachbarn bereits eine Anlage, reduziert sich die Chance, zum Zug zu kommen. Auch Wind- und Wasserkraftanlagen werden zur Vermeidung von Netzüberlastungen immer wieder abgeriegelt. Mehr zu den Herausforderungen finden Sie hier.

Werden Sie Teil unserer Newsletter Community!
Laut Schätzung von Photovoltaic Austria können etwa 70% der PV-Projekte nicht wie geplant umgesetzt werden. Der Grund: Das Stromnetz ist am Anschlag, die Einspeisekapazitäten nicht vorhanden. Bildquelle: Shutterstock
  • Insolvenz von Anbietern & Bauunternehmen

    Das Geschäft mit dem Verkauf und der Montage von PV-Anlagen zog UnternehmerInnen an. Der instabile Markt gepaart mit hohem Wachstum, einer hohen MitarbeiterInnen-Fluktuation und Lieferproblemen bei Speichern und Wechselrichtern in den letzten beiden Jahren führt aber jetzt vermehrt zu Insolvenzen. Die Hintergründe: Es gibt viel zu wenige fachkundige InstallateurInnen, die PV-Anlagen installieren können. Sie werden aus anderen Unternehmen oder Branchen abgeworben, rekrutiert und weiterentwickelt. Der Fachkräftemangel bremst (nicht nur) die Energiewende: Unser Wirtschaftswachstum stößt in unseren Breitengraden bereits an seine Personalgrenze.

    Durch die Engpässe bei Material, der gestiegenen Nachfrage und die hohen Energiepreise sind die Preise für Kauf und Montage der PV-Anlagen massiv gestiegen. Die Geräte sind nun wieder lieferbar, die Unternehmen haben sich aus der Vorsicht heraus mit Material eingedeckt. Da es nun aber mehr Anbieter am Markt gibt und die Investitionsbereitschaft der KonsumentInnen sinkt, verteilen sich weniger Projekte auf mehr Unternehmen. Die Verkaufspreise sinken am Markt, und damit auch die Ertragssituation für die Unternehmen. Der Wettbewerb wird also härter, nicht alle Unternehmen überleben diese schwierige Situation.

    Grundsätzlich ist in den ersten drei Quartalen laut Analyse des Kreditschutzverbandes die Bauwirtschaft verstärkt unter Druck geraten: „Im Vergleich zu 2019 sprechen wir aktuell von rund 12 Prozent mehr Pleiten im Baugewerbe, Tendenz steigend“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, Leiter des Bereichs Insolvenz im KSV. Die Auftragslage ist 2023 schwach – verursacht durch die hohen Material- und Kreditkosten, die Großprojekte auf Eis gelegt haben, sowie die zurückhaltende Investitionsbereitschaft der KonsumentInnen. So ist der Wohnungsbau massiv zurückgegangen: Laut Branchenradar prognostizieren Marktforscher um 28% weniger Neubaubewilligungen und 13% weniger Baubeginne als 2022

Worauf Sie als EndkonsumentIn achten sollten

Falls Sie im Zuge der intensiven Förderungen ein neues Sanierungs- oder Energiewende-Projekt angehen, gibt es ein paar Tipps seitens des Konsumentenschutzes der Arbeiterkammer, worauf es bei der Planung zu achten gilt:

  • Achten Sie darauf, alle für das PV-Projekt notwendigen Genehmigungen im Vorfeld einzuholen.Ebenso sollten Sie sich rechtzeitig um den Stromliefervertrag kümmern, denn ohne diesen Vertrag darf der Netzbetreiber die Anlage nicht an das Stromnetz anschließen und es kann zu Verzögerungen in der Inbetriebnahme der Anlage kommen.

  • Achten Sie auf die Seriosität des anbietenden Unternehmens: In welchem Land hat das Unternehmen seinen Sitz, hat es eine aufrechte Gewerbe-Berechtigung? Dies prüfen sie auf zweierlei Arten: Suchen Sie im Gewerbe-Infosystem der Wirtschaftskammer Österreich nach dem Unternehmen und sehen Sie nach, ob es korrekt angemeldet ist und die erforderlichen Gewerbeberechtigungen hat.

    Auch über die GISA-Abfrage (Gewerbeinformationssystem des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft) erhalten Sie Auskunft über das Unternehmen und die angemeldeten Gewerbe. Sollten Sie das Unternehmen dem Namen nach nicht gleich finden, so probieren Sie es mit der Firmenbuchnummer, die am Kostenvoranschlag oder auf der Homepage zu finden sein müsste. 

  • Qualität in Information, Planung und Montage: Gibt es eine aktuelle und aussagekräftige Homepage? Gibt es in Ihrem Freundeskreis oder in der Nachbarschaft Erfahrungen mit diesem Unternehmen? Wie gut berät Sie das Unternehmen?
    => Werden Sie aktiv und informieren Sie sich über das Unternehmen. Und: Verlangen Sie die Einhaltung der ÖNORM. Diese Norm legt Mindestanforderungen an Produkte, Dienstleistungen, Systeme und Qualifikationen fest und steht damit für eine Mindestqualität.

  • Ist das Unternehmen ausreichend liquid? Bei größeren Projekten empfiehlt es sich, beim Kreditschutzverband von 1870 die Bonität des Unternehmens anzufragen. Finger weg von Unternehmen mit schlechtem Rating!

    Achten Sie auf (Liefer-)Verzögerungen, permanente Terminverschiebungen – neben Lieferproblemen könnte auch mangelnde Liquidität der Grund sein.

  • Anzahlungen so gering wie möglich halten: Zahlen Sie so wenig an wie nur möglich, um bei Problemen nicht einen Gutteil der Investitionssumme zu verlieren. Lassen Sie sich alle Anzahlungen schriftlich bestätigen, verlangen Sie eine Rechnung. Dies gilt auch …

  • … für Kostenvoranschläge und Auftragsbestätigungen: Verschriftlichen Sie alle Schritte, insbesondere wann Sie welchen Betrag zu zahlen haben.

  • Bedenken Sie, dass Sie für Projekte, die im „Pfusch“ entstehen und keine ausreichende Qualität liefern, auch keine Gewährleistung verlangen können. Weiters könnten bei Schäden Probleme mit Versicherungen entstehen. Achtung: Für den Antrag und die Inbetriebnahme einer PV-Anlage brauchen Sie einen konzessionierten Elektriker-Betrieb.
Die Baubranche ist unter Druck: Über ein Viertel weniger Neubaubewilligungen, 13% weniger Baubeginne als 2022. Bildquelle: Shutterstock

Lithium: Das Gold der E-Branche

Das globale Energiesystem befindet sich inmitten einer Transformation hin zu sauberer Energie. Dies erfordert den Einsatz neuer Technologien, die auf Rohstoffen wie Kupfer, Lithium, Nickel, Kobalt und Seltenen Erden basieren. Die EU sicherte sich nun in einem historischen Pakt die Lithium-Vorkommen Serbiens.

Weiterlesen »

Gehen Sie lieber aktiv und vorbereitet in ein Bau- oder Sanierungsprojekt: Denn geht das Unternehmen während des Auftrags in Insolvenz, ist es oft schwierig, das Geld wieder zurück zu bekommen. Das sogenannte Insolvenzedikt wird in der Insolvenzdatei veröffentlicht.

Als GläubigerIn in einem Konkursverfahren ohne Weiterführung des Unternehmens können Sie binnen einer gewissen Frist Ihre Forderungen anmelden. Als EndkonsumentIn bekommen Sie aber erfahrungsgemäß nur eine geringe Quote, erklärt Konsumentenschutz-Experte Horst Krumholz von der Arbeiterkammer. Denn zum einen wäre bei der Anmeldung einer Schuld eine Gebühr fällig, weiters sind EndkonsumentInnen meist Letztgereihte. Bedeutet: Die Anmeldung einer Forderung zahlt sich nicht immer aus. Wägen sie die Anmeldekosten und die zu erwartende Quote ab, um nicht auf höheren Kosten sitzenzubleiben. Davor werden häufig noch z.B. Investoren und Banken aus dem noch vorhandenen Vermögen bedient.

Sollten Sie als EndkonsumentIn von der Insolvenz eines Unternehmens betroffen sein, so finden Sie hier Beratung und Unterstützung:

Arbeiterkammer https://www.arbeiterkammer.at/beratung/konsumentenschutz/index.html

Verein für Konsumenteninformation (VKI) Rechtsberatung des VKI https://vki.at/beratung

Insolvenz bei Unternehmen: Was soll ich tun? https://konsument.at/geld-recht/insolvenz-bei-unternehmen

Insolvenzfälle / Kreditschutzverband von 1870. https://www.ksv.at/presse/insolvenzfaelle

Wer ist bei einer PV-Anlage wofür zuständig? https://www.netzooe.at/photovoltaik/zustaendigkeiten

Anja Herberth
Author: Anja Herberth

Artikel teilen
Kommentar hinterlassen